Es gibt viele Möglichkeiten, Energie zu sparen – aber was zeigt Wirkung? Die SOB zeigt das weite Feld der Möglichkeiten, um das Rollmaterial effizienter einzusetzen. Die Dringlichkeit zur Ressourcenschonung intensiviert diese Bestrebungen massgebend.
Die SOB-Energiestrategie orientiert sich an den Zielen der Energiestrategie 2050 des Bundes. Die Südostbahn stellt die Umsetzung der geltenden Gesetze sicher und verpflichtet sich, den Energieverbrauch zu senken. Durch eine fortlaufende Verbesserung des Energieeinsatzes und der Energieeffizienz kann die SOB ihre gesetzten Ziele erfüllen. Damit leistet sie einen wertvollen Beitrag zur Senkung der Umweltbelastung.
Welche Massnahmen zeigen Wirkung?
Enorme Ersparnisse sind dank dem energiearmen Schlummerbetrieb in Zugwartezeiten zu erzielen. Auch die Verwendung von energiesparenden Komponenten sowie eine Verbesserung der Wagenkastenisolation zeigen Wirkung. Weiter lohnt es sich, das Antriebssystem zu optimieren. Bei der Klimatisierung bewirkt eine von der Zahl der Fahrgäste abhängige Aussenluftsteuerung eine bessere Energiebilanz. Markante Spareffekte bringen betriebliche Massnahmen, zum Beispiel die elektrische Rekuperationsbremse zur Rückgewinnung von Energie sowie die Unterstützung des energiesparenden Fahrens mittels adaptiver Lenkung (ADL). Kurz gesagt: Eine Massnahme lohnt sich dann, wenn sie innerhalb von einem bis acht Jahren amortisiert ist bzw. lohnt sich bedingt, wenn sie sich innerhalb von neun bis fünfzehn Jahren amortisiert.
Vergleich der Energiesparpotenziale
Vorab ist ein Vergleich der Energiesparmassnahmen interessant, der das Sparpotenzial bei einer Komplettumsetzung aufzeigt. Das heisst, über die gesamte SOB-Flotte bestehend aus 23 Flirt1 und 2, 10 Flirt3 und 24 Traverso. Zudem unter der Annahme, dass die technischen Möglichkeiten gegeben und die Umsetzungskosten sekundär sind. Daraus ergibt sich folgende Reihenfolge: Trockentransformator – Schlummerbetrieb – besetzungsabhängige Aussenluftsteuerung – Antriebssystem-Optimierung. Nachfolgende Energiesparmassnahmen illustrieren, welche Bestrebungen die SOB unternimmt, um die Umwelt zu schonen. Die Beispiele zeigen die jährlichen Ersparnisse, die sich entweder über die gesamte SOB-Flotte umsetzen lassen oder nur über einen Teil der Flotte, weil die Umsetzungskosten zu hoch oder die technischen Möglichkeiten nicht gegeben sind.
Energie sparen durch optimierte Komponenten: Trockentransformator
Elektrische Triebfahrzeuge brauchen Transformatoren, die die Fahrleitungsspannung auf einen für die Stromrichter geeigneten Wert heruntersetzen. Da bei der Umwandlung sehr viel Wärme entsteht, muss der Trafo stark gekühlt werden. Dazu wurde bisher Öl verwendet. Öl, Kühler und Pumpe bedeuten zusätzliches Gewicht. Diese Komponenten lassen sich durch eine leichte Luftkühlung ersetzen, was erlaubt, dafür einen schwereren, aber verlustarmen und energiesparenden Trockentransformator einzubauen. Ein ölfreies System senkt die Instandhaltungskosten deutlich, und das Umweltgefährdungspotenzial verringert sich. Der Trockentransformator ist eine wegweisende Innovation in der Bahntechnik. Die SOB ist diesbezüglich Pionierin: Auf dem Flirt 063 verkehrte zur Erfahrungssammlung jahrelang erfolgreich der erste Trockentransformator der weltweiten Flirt-Flotte. Allein dank dieser Komponente kann der Energieverbrauch eines Flirt-Zuges um über sieben Prozent gesenkt werden.
Jährliche Ersparnisse für 10 Flirt3 und 24 Traverso: Energie: 3 600 MWh Energiebedarf Haushalte: 960 Kosten: CHF 450 000.–
Energie sparen bei der Klimatisierung: Steuerung der Aussenluftmenge («CO2-Regelung»)
Für die Raumluft sind Qualitätsmerkmale definiert, zum Beispiel die CO2-Konzentration. Halten sich wenige Personen in einem Wagen auf, muss der Umluft auch weniger Aussenluft beigemengt werden. Weil so viel weniger Luft geheizt bzw. gekühlt werden muss, spart dies Energie. In den neuen Flirt3- und Traverso-Zügen erfolgt eine qualitative Luftmessung über CO2-Sensoren. Die Flirt1-Flotte wird künftig ebenfalls mit CO2-Sensoren und optimierter Funktionalität ausgerüstet. Bei der technisch unterschiedlichen Flirt2-Flotte ist eine Umrüstung zu aufwendig.
Eigenschaften der qualitativen Luftmessung: • wenige Aussenluft-Stufen • einfache Funktionalität • quasi aussentemperaturunabhängig • inkl. Pandemiemodus, mit starkem Luftaustausch anstelle Klima-Güte
Energie sparen durch Systemoptimierung: Antriebssystem
Bei den elektrischen Triebfahrzeugen lassen sich die physikalisch bedingten Verluste des Antriebssystems durch eine Gesamtoptimierung massiv verkleinern: Die wichtigsten Möglichkeiten sind die Senkung der Traktionsstromrichter- Zwischenkreisspannung bei niedriger Leistung, die Optimierung des magnetischen Flusses der Fahrmotoren, die Anpassung der Halbleiterschalter-Ansteuerung (Taktmuster) im Stromrichter und das Ausschalten des Eingangsstromrichters bei Fahrzeugstillstand. Für kleine Zugkraft-/ Leistungs-Anforderungen werden zudem Fahrmotoren abgeschaltet (Teillastbetrieb), was Verluste vermeidet.
Energie sparen durch Optimierung der Abläufe: adaptive Lenkung der Züge
ADL steht für «adaptive Lenkung», welche die Lenkung der Züge verbessert. Die Kombination von ADL und vPRO optimiert das Bahnsystem.
Stufe 1: vPRO erkennt durch eine vorauslaufende Berechnung die Fahrzeitreserve im Fahrplan. Wird diese nicht zum Abfangen von betrieblichen Situationen (z.B. Langsamfahrstelle bei Baustellen) benötigt und wird kein Konflikt mit einem anderen Zug ausgelöst, nutzt vPRO diese zum Führen des Zuges mit tieferer Geschwindigkeit, wodurch Energie gespart werden kann – bei dennoch pünktlicher Ankunft.
Stufe 2: ADL berechnet auf Basis der aktuellen Betriebssituation die optimale Zugsgeschwindigkeit (vOpt). Dadurch können ungeplante Halte vermieden werden. Die ADL-Informationen werden vom Disponenten an das Lokpersonal gesendet. Der Zug kann so energieeffizient und materialschonend verkehren, was auch einen flüssigen Bahnbetrieb bewirkt. Die Visualisierung von ADL und vPRO für den Lokführer erfolgt in der Fahrordnung des Lokführer-Informations-Systems (DIS – Driver Information System). Entsprechende Daten werden im Rahmen von vPRO vor Abfahrt des Zuges berechnet und in dessen Fahrordnung angezeigt. Die ADL-Meldungen des Disponenten werden zusätzlich, entsprechend der Betriebslage, im DIS eingeblendet. ADL und vPRO verbessern die Fahrplanstabilität, optimieren die Kapazität des Infrastrukturnetzes und reduzieren die Anzahl vermeidbarer Signalhalte; der Materialverschleiss ist geringer, und es wird massiv Energie gespart.
Durchschnittliche Ersparnisse: Regionalverkehr: 2 bis 4% Fernverkehr: 1 bis 3% der «üblichen» Antriebsenergie
Energie sparen durch betriebliche Massnahmen: Schlummerbetrieb
Im Schlummerbetrieb lässt man bei abgestellten Fahrzeugen die Abteiltemperatur bei kalten Aussentemperaturen stark absinken und bei warmen Aussentemperaturen bzw. Sonneneinstrahlung eine starke Temperaturerhöhung zu, statt sie durchgehend zu heizen oder zu kühlen. Zudem wird die Anzahl aktiver Systeme reduziert. Vor Dienstbeginn werden die Abteile auf eine angenehme Temperatur gebracht. Der Schlummerbetrieb ist bei allen Flirt- und Traverso-Triebzügen der SOB aktiv.
Energie sparen durch betriebliche Massnahmen: Abstellbetrieb
Im Abstellbetrieb ist das Fahrzeug ausgeschaltet. Eine Weckfunktion, bestehend aus einer Temperaturüberwachung sowie zeitlichen Kriterien (mindestens alle 72 Stunden wird geweckt zum Nachladen der Batterien), schützt es vor thermischen Schäden und verhindert die Tiefentladung der Batterien. Die Leitstelle «weckt» das Fahrzeug mittels Ferneinschaltung rechtzeitig vor einem Betriebseinsatz.
Jährliche Ersparnisse – zusätzlich zum Schlummerbetrieb – für 10 Flirt3 und 24 Traverso: Energie: 320 MWh Energiebedarf Haushalte: 85 Kosten: CHF 40 000.–
Fazit
Wenn bei der SOB-Triebzugflotte alle Massnahmen komplett umgesetzt werden könnten, d.h. der technisch vernünftige Aufwand nicht zu gross wäre, würde der jährliche Energiebedarf von etwa 5 300 Haushalten eingespart werden. Bis Ende 2024 wird dieser Wert jährlich bei zirka 4 500 Haushalt-Äquivalenten oder rund 16 900 MWh bzw. CHF 2,1 Millionen zu liegen kommen – ein hoher Wert sowie eine gute Ausnützungsziffer und vor allem gut für die Umwelt.
Text: Matthias Müri Fotos/Grafiken: Matthias Müri, Emkamatik, ABB, T. Steiger
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