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Die Facetten des Voralpen-Express in 136 Minuten

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Der Voralpen-Express verkehrt stündlich zwischen St. Gallen und Luzern. Für viele dient er als Zubringer von A nach B, und ein Grossteil der Fahrgäste legt nur Teilstrecken zurück. Es geht aber auch anders: Für Touristen und Freizeitreisende ist der Voralpen-Express der ideale Ausflugszug.

Er durchquert verschiedene Regionen und Landschaften und zeigt die unterschiedlichsten Facetten der Schweiz. Als St. Gallerin kenne ich den Voralpen-Express auch nur als Mittel zum Zweck und nicht als attraktive Erlebnisfahrt. Heute soll sich dies ändern, denn ich gönne mir die gesamte 125 Kilometer bis nach Luzern.

Startpunkt St. Gallen

Ich steige um 8.05 Uhr in St. Gallen auf Gleis vier in den Bistrowagen des Voralpen-Express ein. Ich lasse mich in einem Viererabteil mit breiten Sitzen und praktischen Tisch neben einem Geschäftsmann nieder. Nur wenige Minuten nach der Abfahrt überqueren wir den Sitterviadukt, die mit 99 Meter höchste Eisenbahnbrücke der Schweiz. Einige Fahrgäste blicken nach draussen, um den atemberaubenden Viadukt und die schwindelerregende Höhe zu bewundern. Mir fällt auf: Es sind bereits am Morgen viele «Ausflügler» unterwegs und nicht wie angenommen nur Pendlerinnen und Pendler. Ich nutze die Gelegenheit und frage zwei Damen mit Rucksäcken, wohin die Reise geht. «Wir fahren ins Tessin. Gerade in den Frühlingsmonaten, wo es noch ziemlich kalt in der Ostschweiz ist, geniessen wir gerne zwei Tage in der Sonnenstube der Schweiz.»

Vorbei an Hügeln bis zum Zürichsee

Schon bald erreichen wir das hügelige Toggenburg. Hier liebt sogar noch Tau auf den Wiesen, und die urchigen Häuschen zeigen ein typisches Bild der Schweiz. Nach der Fahrt durch den Rickentunnel raubt es mir vor Schmerikon den Atem. Die kleine Stadt liegt direkt am Zürichsee, der hier wunderschön von der Sonne beschienen wird. Bei diesem Anblick bin ich auch ohne Kaffee sofort hellwach. Nun führt die Strecke mehrere Minuten entlang des Sees. In Rapperswil angekommen, beschliesse ich, auszusteigen und den Weg zur nächsten Voralpen-Express- Haltestelle zu Fuss zu gehen. Dieser Weg führt über den Seedamm nach Pfäffikon SZ. Wenn ich einigermassen zügig laufe, erreiche ich Pfäffikon in einer Stunde und kann meine Fahrt im nächsten Voralpen-Express weiterführen.

Idylle und Panorama zugleich

Mein Entscheid einen Teil der Strecke zu Fuss zu gehen, zahlt sich sofort aus: Die Ruhe auf dem Steg und die Gemütlichkeit auf dem Holzboden über dem Wasser sind einmalig. Ich bin nicht als Einzige auf dem Hurdensteg unterwegs: Einige Senioren, zwei Jogger und auch eine Mutter mit dem Kinderwagen geniessen die Idylle an der Kantonsgrenze zwischen St. Gallen und Schwyz. Während des Fussmarschs beobachte ich eine Vielzahl an Enten, Tauben und Vögeln. Sogar ein paar kleine Fische kann ich vom Steg aus erkennen. Mitten im See entdeckte ich die Inseln Ufenau und Lützelau, die nordwestlich des Damms liegen - ein Ausflugsziel, das ich mir für die nächste Reise vormerke. Um den Weg zum Bahnhof zu finden, orientierte ich mich an den Gleisen und erreiche fünf Minuten vor der Einfahrt des Voralpen-Express Pfäffikon.

Die Weiterfahrt im Voralpen-Express führt vorbei an Reben und Wiesen und bietet eine wunderbare Aussicht. Nach dem Aufstieg bis Biberbrugg, mit einer Steigung von bis zu 50 Promille, durchqueren wir die einzigartige Hochmoorlandschaft bei Rothenthurm. Die flache Gegend auf fast 1000 Metern über Meer lädt im Winter zum Langlaufen und Schneeschuhwandern und im Frühling auf dem Moorweg zum Spazieren ein. Die spärlich besiedelte Gegend ist ebenso für Touristen ein Highlight. Nun ist es bereits 10.30 Uhr, und es sind vor allem Freizeitreisende sowie Touristinnen und Touristen unterwegs. Die Stimmung im Zug ist aufgeheitert, und man unterhält sich rege über die eindrucksvollen Landschaften.

Zentralschweizer Highlights

Kurz vor Arth-Goldau erblicke ich ein weiteres Panorama. Der Zugersee, der durch die Spieglung in silberner Farbe erscheint, sowie die Mythen im Hintergrund, die die Postkartenansicht perfekt abrunden. Die Route führt nun entlang von Berglandschaften wie der Rigi und vorbei am einzigartigen Vierwaldstättersee. Bereits im nächsten Kanton, in Luzern hat sich die Vielfalt an Fahrgästen erhöht. So erspähe ich eine Vielzahl asiatischer Touristen. Kurz vor der Kantonshauptstadt erkenne ich die Kapellbrücke und den Pilatus – meine Vorfreude auf das Entdecken dieser Gegend steigt. Der Zug hält an der Endhaltestelle, und ich verlasse den Erlebniszug bereits mit vielen positiven Eindrücken. Ich mache mich nun auf den Weg, um die vielseitige Stadt zu erkunden.

Weitere Ausflugstipps mit dem Voralpen-Express unter www.voralpen-express.ch.

Text und Bilder: Carla Ullmann

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