Vier Sonntage, vier Kerzen, vier Geschichten: Wir blicken zurück auf das SOB-Jahr 2023. Jeden Adventssonntag erzählen wir von speziellen und schönen Momenten im Eisenbahnalltag. In der Geschichte zum 4. Advent kommt ein kleiner Zug ganz gross raus.
Es war einmal ein kleiner Spielzeug-Zug aus Ahornholz. Farblos und eintönig lag der Holz-Zug auf der Werkstattbank. Tagein, tagaus beobachtete er das Geschehen draussen vor dem Fenster. Die vorbeifahrenden Züge faszinierten ihn, besonders der kupferfarbene Traverso. «So möchte ich auch mal aussehen und draussen auf den Schienen herumfahren», sagte sich der Holz-Zug.
Eines Morgens wurde der Holz-Zug von seinem Platz aufgehoben. Auf einmal roch es in der Werkstatt anders als sonst. Der kleine Holz-Zug spürte etwas Borstiges auf sich. «Was passiert hier», fragte sich der Zug. Mehrere Tage wiederholten sich die Abläufe: Morgendlicher Platzwechsel, ein Geruch stieg auf, Borsten waren zu spüren, Schlafengehen.
Draussen lag mittlerweile Schnee. Das Geschehen vor dem Fenster beobachtete der Holz-Zug kaum noch. Zu beschäftigt, war er den ganzen Tag. Er hatte sich mittlerweile an den neuen Tagesablauf gewöhnt, da wurde er sogleich unterbrochen. Ruckartig hob ihn jemand in die Höhe, platzierte in einer Kiste und plötzlich wurde es dunkel: «Hilfe, ich werde entführt!»
Ängstlich kauerte der kleine Zug in der Kiste. Er hörte kaum noch, was rundherum passierte. «Ich will zurück auf meine Werkstattbank», sagte der Zug. Dumpf erklang ein etwas schiefer Gesang, dann hörte er eine Kinderstimme: «Jetzt ist Geschenkezeit!» Der Holz-Zug wurde nervös und realisierte: Es ist Weihnachten.
Plötzlich ging alles schnell, es wurde hell und der kleine Zug aus Ahornholz blickte in leuchtende Kinderaugen. «Ein neuer Zug für meine BRIO-Bahn», schrie das Kind. Ehe er sich versah, stand er mit seinen Rädern auf Holz-Schienen, die das Kind rund um den Weihnachtsbaum aufgestellt hatte. Und schon setzte sich der Zug in Bewegung. Erst in der ersten Kurve bemerkte der kleine Holz-Zug, dass er aussah wie der kupferfarbene Traverso, den er aus dem Werkstattfenster beobachtet hatte. «Das Christkind hat meinen Wunsch erfüllt», dachte der Zug. Der kleine Holz-Zug in seinem neuen Gewand war jetzt nicht mehr nur Zuschauer. Er flitzt jetzt selbst auf Schienen herum, und zaubert dabei dem kleinen Kind jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht.
Text: Jeannine Fisch
Bilder: KI, Adobe Firefly und www.nattec.ch
