Plötzlich Musik im Treno Gottardo der Südostbahn: Reisende aus dem ganzen Zug strömen in die Zugsmitte. Dort hat Dabu von Dabu Fantastic ein E-Piano aufgebaut und überrascht die Reisenden mit einem Konzert.
Es ist kein Klischee, dass die Gotthard-Panoramastrecke für staunende Blicke sorgt. Doch für einmal ist der Ausblick aus dem Treno Gottardo der Südostbahn nur zweitrangig. Im Zug setzt Dabu Bucher, Frontmann und Sänger der Band Dabu Fantastic, musikalisch noch stärkere Akzente.
Als Überraschung für die Reisenden ist Dabu mit seinem E-Piano in Airolo zugestiegen und lockt ein bunt gemischtes Publikum in den Wagen 4. Von den grössten Dabu Fans – sie hatten auf Social Media von der Aktion erfahren – über per Zufall anwesende Ausflügler bis hin zur kleinen indischen Reisegruppe ist alles dabei. Etwas Nervosität ist Dabu anzumerken, als er mitten im Gotthard-Tunnel seinen ersten Song – den Hit «Angelina» – anstimmt. Er allein am Piano, das hat Seltenheitswert und schafft eine besonders intime Atmosphäre. «Angelina» ist für ihn und das Publikum Eisbrecher gleichermassen.
Im Takt mit dabei ist auch die indische Reisegruppe. Sie verstehen zwar kein Wort Schweizerdeutsch, sind aber von der Musik äusserst angetan. Das liegt nicht zuletzt auch am charmanten Dabu, der sie sogleich in den ersten Schweizerdeutsch-Crashkurs mitnimmt. Dieser wiederum sorgt beim Schweizer Publikum für heiteres Kichern: «An important sentence in Swiss German: Ufenand gaht’s aber näbenand nöd!» Bei Dabus neuer Single «Aline» singen die Touristinnen und Touristen dann gar lauthals mit: «Aline, Aline, Gömmer all in».
Nach dem rund 45-minütigen Konzert zeigen sich die Reisenden aus Asien denn auch begeistert von der spontanen Einlage. Man müsse den Text nicht verstehen, um die Emotionen zu spüren. «Es ist ein anderer Vibe, aber wir lieben ihn – we are in love with Switzerland now!» Für Dabu hat genau diese Mischung im Publikum ihren Charme: «Die Reisenden haben die einmalige Chance gepackt, Schweizer Kultur zu konsumieren, so nahe wie sonst kaum möglich – sie haben dieses Gefühl voll aufgesogen.»
Eine emotionale Songpremiere
In die Welt voller Gefühle tauchte auch Dabu ein. Er spielte im Treno Gottardo erstmals den Titelsong seines neuen Albums, das am 24. Mai erscheint. «Ciao Baby, Ciao». Andächtig lauschte das Publikum den leisen und textlich teils schmerzhaften Zeilen des Songs. Es sei schwierig gewesen, gerade beim ersten Mal: «Zuhause passiert mir das beim Üben nie, aber mit Publikum wird es sehr emotional. Deshalb sind bei mir auch beim Spielen Tränen geflossen.»
Bei der zweiten Performance im Zug habe er fast schon souverän auftreten können. Das musste Dabu auch, denn in der zweiten Runde öffneten sich an einem Bahnhof die Türen und neue Fahrgäste betraten das rollende Konzertlokal. Er kommentierte diesen Augenblick mit Charme: «Die tiefgründigsten Zeilen meines Lebens in diesem Song und die Leute steigen ein – Hoi zäme!»
Das Publikum dankte die Performance mit Mitsingen, Mitklatschen und viel Applaus. «Ich finde Überraschungen immer gut, eine schöne Unterhaltung während der langen Reise», sagt etwa Eliane, die von Locarno nach Luzern unterwegs ist. Lukas, auf der Heimreise aus dem Militär in Airolo, meint: «Wirklich tolle Atmosphäre, das habe ich so noch nie erlebt.» Und sein Kollege Manuel ergänzt: «Damit habe ich nicht gerechnet, eine sehr coole Aktion!»
Und was sagt Dabu zum spontanen Konzert im Zug: «Ich gehe mit mehr Energie nach Hause als ich heute Morgen hatte. Das ist das schönste, was mir ein Konzert gibt». Fortsetzung folgt.
Text und Bilder: Conradin Knabenhans