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Ein plötzlicher Herz-Kreislauf-Stillstand kann jederzeit und überall auftreten. Die Überlebenschancen vergrössern sich durch sofort eingeleitete Wiederbelebungsmassnahmen und Defibrillatoren enorm. Letztere finden sich auch an Bahnhöfen und Gebäuden der Südostbahn.

Jährlich erleiden rund 8 000 Schweizerinnen oder Schweizer einen Herz-Kreislauf-Stillstand. In vier von fünf Fällen wird er ausgelöst durch Kammerflimmern. Die Schweizerische Herzstiftung bezeichnet Kammerflimmern als schwere Herzrhythmusstörungen, wodurch die Herzkammern kein Blut mehr in den Kreislauf pumpen können. Sie entstehen aufgrund eines Herzinfarkts. Wenn Ersthelferinnen und -helfer Wiederbelebungsmassnahmen sofort einleiten, retten sie Leben.

Defibrillatoren retten Leben

Dank den «Automatisierten Externen Defibrillatoren» (AED) verbessert sich die Sicherheit der Fahrgäste, der Passantinnen und Passanten sowie des Personals. Denn bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde. Der Herz-Kreislauf-Stillstand gehört laut Bundesamt für Statistik zu den häufigsten Todesursachen in der Schweiz. Leistet niemand sofort Hilfe, beträgt die Überlebenschance lediglich 5%. Können Ersthelferinnen oder -helfer die betroffene Person reanimieren, erhöht sich die Überlebenschance auf 60%. Beatmung und Herzdruckmassage gehören bei einer Reanimation zu den Basismassnahmen. Wer Angst vor einer durch Tröpfchen übertragbaren Krankheit hat, kann auf die Beatmung verzichten. Ergänzend zu den Basismassnahmen unterstützt ein Defibrillator. 

Defibrillatoren stehen mittlerweile an vielen öffentlichen Orten jederzeit zur Verfügung. So auch an Bahnhöfen und in Gebäuden der Südostbahn. Die SOB rüstete die Bahnhöfe mit Geräten der Procamed AG aus.

Schritt für Schritt erklärt

Erleidet jemand einen Herz-Kreislauf-Stillstand, sollen Ersthelfende möglichst viele Hilfspersonen mobilisieren. Sie können den Rettungsdienst informieren sowie nächstgelegenen Defibrillator zum Notfallort bringen und das Gerät einschalten. Hilfspersonen finden Standorte der Defibrillatoren in der Schweiz mit Informationen zu deren Verfügbarkeiten unter www.defikarte.ch

In der Zwischenzeit beginnt die Ersthelferin oder der Ersthelfer mit einer Herz-Lungen-Wiederbelebung. 

Vor allem die Herzdruckmassage sollen Hilfspersonen in Kombination mit dem Defibrillator immer anwenden. Im besten Fall führt die ersthelfende Person die Herzdruckmassage zusammen mit der Beatmung aus.

Die Bedienung des Defibrillators ist einfach und auf die Stresssituation ausgelegt. Schritt für Schritt leitet das Gerät auch unerfahrene Helferinnen und Helfer an.

Die Pflicht, Hilfe zu leisten

Aus Angst vor möglichen Konsequenzen zögern viele vor der Ersthilfe. Dabei sind solche Befürchtungen unbegründet. Sogar das Gegenteil ist der Fall. Laut Artikel 128 im Strafgesetzbuch besteht die Pflicht, einem Menschen in Not oder Lebensgefahr zu helfen. «Natürlich muss die zu leistende Hilfe auch zumutbar sein», sagt Simon Ott, Fachspezialist Qualität, Risiko, Sicherheit und Umwelt bei der SOB. Beispielsweise wird von einem Nichtschwimmer nicht erwartet, dass er eine ertrinkende Person rettet. «Zumindest den Notruf wählen, gehört jedoch zur Pflicht», betont Ott.

Oftmals haben Ersthelfende auch Respekt davor, einen Defibrillator anzuwenden. In der Schweiz darf jeder Laie und jede Laiin einen Defibrillator nutzen.

Defibrillatoren an den SOB-Bahnhöfen

Die SOB stattete die ersten Bahnhöfe im Hebst 2018 mit Defibrillatoren des Typs ZOLL AED 3 aus. Heute finden Fahrgäste und Personal an 24 SOB-Bahnhöfen solche Defibrillatoren. Sie sind 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche im Notfall verfügbar.

Damit die Defibrillatoren immer einwandfrei funktionieren, haben die SOB und die Procamed AG einen jährlichen Servicevertrag vereinbart. Zusätzlich kontrollieren SOB-Mitarbeitende der Abteilung «Service Bahnhöfe» die Defibrillatoren auf Sauberkeit und Beschädigungen.

Mitarbeitende sind gerüstet

Eine Schulung des SOB-Personals sorgt dafür, dass die Mitarbeitenden im Notfall richtig reagieren. Ausgewählte SOB-Mitarbeitende besuchen einen eintägigen Grundkurs. «In der Schulung lernen die Teilnehmenden das Reanimieren mittels Beatmung und Herzdruckmassage. Auch der Einsatz der Defibrillatoren steht auf dem Programm», sagt Simon Ott. Die Mitarbeitenden besuchen anschliessend regelmässig einen halbtägigen Auffrischungskurs.

Notfall im Zug

Damit die Passagierinnen und Passagiere bei einem Notfall im Zug schnell eingreifen können, befindet sich in jedem Wagen der SOB-Fahrzeuge eine Notfalltaste. Drückt ein Fahrgast die Taste, wird sie oder er automatisch mit der Transportpolizei verbunden. Sie koordiniert anschliessend mit der Betriebszentrale den Halt am nächstgelegenen Bahnhof und informiert den Rettungsdienst. Dieser macht sich direkt auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt.

«NO CPR» – keine Reanimation?

Nicht alle Personen entscheiden sich im Notfall für eine Reanimation. Darf eine Patientin oder ein Patient mit einem solchen No-CPR-(Cardio-Pulmonale-Reanimation-)Hinweis also nicht wiederbelebt werden? Die Antwort lautet: «Jein.» Grundsätzlich ist in einer Notfallsituation immer vom Lebenswillen der Patientin oder des Patienten auszugehen. Das gilt auch, wenn der Wille nicht bekannt ist oder nicht rechtzeitig erfragt werden kann. Besteht jedoch ein klarer Hinweis, dass die Person nicht wiederbelebt werden will, darf die Reanimation nicht durchgeführt werden. Ein «No-CPR-Stempel» allein gilt nicht als klarer Hinweis gegen eine Reanimation. Es muss zwingend eine gültige, unterschriebene Patientenverfügung vorhanden sein.

Jede Sekunde zählt

Ob am Bahnhof oder im Zug, eine Notfallsituation kann sich jederzeit und überall ereignen. Entscheidend ist die Reaktion der anwesenden Personen. Leiten sie sofort die notwendigen Basismassnahmen wie Beatmung und Herzdruckmassage ein und verwenden – wo vorhanden – unterstützend einen Defibrillator, lassen sich viele Leben retten.

Text und Bilder: Jeannine Fisch

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Dieser Beitrag stammt aus unserem Magazin "Schriftzug". Lust zum Weiterlesen? Abonnieren Sie den Schriftzug kostenlos und erhalten Sie das Magazin zweimal jährlich per Post zugeschickt.

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