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Alte SOB-Schienen auf neuen Wegen

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Auf der 111 Kilometer langen SOB-Strecke sind etwa 272 Kilometer Schienen* eingebaut, 136 Kilometer auf der linken und 136 Kilometer auf der rechten Seite des Gleises. Unterschiedliche Züge befahren die Gleise jeden Tag, sie sind also einer hohen Abnutzung ausgesetzt. Was passiert also mit den Schienen, wenn sie aufgrund ihres Zustands nicht mehr für den Zugverkehr geeignet sind?

Grundsätzlich bestehen Schienen aus robustem Metall, das viel aushält und nicht schnell rostet. Trotzdem ist eine regelmässige Überprüfung des Zustands sowie der Unterhalt der Schienen notwendig. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Streckenwärter. Seine Aufgabe besteht darin, die gesamte SOB-Strecke abzulaufen und die Schienen auf Mängel zu kontrollieren. Entdeckt er ein Manko, wie zum Beispiel einen grösseren Riss, meldet er das dem Ressort «Fahrbahn».

Die Mitarbeitenden im Ressort Fahrbahn sorgen dafür, dass das Gleis stets in bestem Zustand ist. Gemäss den Kontrollläufen des Streckenwärters plant das Team ihre kurzfristigen Unterhaltsarbeiten an den Schienen.

Einmal im Jahr kommt ausserdem ein Diagnosefahrzeug der SBB zum Einsatz. Dies ermöglicht eine tiefere Analyse des Zustands der Schienen. Das Diagnosefahrzeug nimmt die Daten auf und vermisst sie. Anhand der gewonnenen Daten bewerten die Fachpersonen die Abnutzung der Schienen und planen grössere Schienenwechsel für entsprechende Streckenabschnitte ein. Eine weitere Massnahme, um den Zustand der Schienen festzustellen, ist die Ultraschalluntersuchung: «Diese Kontrolle findet alle sechs, 12 oder 24 Monate statt, je nachdem, wie hoch die Belastung auf der jeweiligen Strecke ist», sagt Albert Iten, Leiter Instandhaltung Fahrbahn Süd.

Ab wann eine Schiene als unbrauchbar gilt, lässt sich schwer voraussagen: «Es spielen verschiedene Faktoren in diese Beurteilung rein. Es kommt darauf an, an welcher Stelle der Schaden liegt, wie er aussieht und wie viele es davon hat», erklärt Iten. Je nachdem ist es möglich, den Fehler selbst zu beheben. Durch Schleifarbeiten kann oft noch einiges gerettet und ein kompletter Schienenwechsel verhindert werden. Dafür ist es besonders wichtig, dass der Streckenwärter seine Arbeit sorgfältig ausführt, um Mängel so früh wie möglich zu erkennen.

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem ein Schienenwechsel nicht mehr zu verhindern ist. Etwa alle zwei Jahre ist ein grösserer Schienenwechsel von mehreren Kilometern geplant. Doch nur weil die Schienen bei der SOB nicht mehr eingesetzt werden können, heisst das noch lange nicht, dass sie ihr Lebensende erreicht haben. Die SOB verkauft ihre Schienen weiter, wo sie neue Aufgaben übernehmen. Meist ist die Ribbert AG der Abnehmer. Ribbert ist im Spezialtiefbau tätig und bietet Eigenentwicklungen unter dem Namen «Ribbert System» an. Diese Systeme dienen als talseitige oder bergseitige Stützkonstruktionen, die an schwer zugänglichen Orten und im steilen Gelände realisiert werden können. Dazu gehört auch das «Ökogitter Bahn», eine nachhaltige Version der herkömmlichen Banketthalterungssysteme. Diese Gitter fungieren als Stabilisierungselement entlang der Bahnlinien. Auch die SOB setzt auf die Ökogitter der Ribbert AG. Dabei ist auch diese Zusammenarbeit entstanden.

Das Leben geht an neuen Orten weiter

«Wir sind immer wieder auf der Suche nach alten Eisenbahnschienen», sagt Michael Amann, Geschäftsführer der Ribbert AG. Eisenbahnschienen haben gute statische Werte und eignen sich für die Tiefbauprojekte von Ribbert, da der Stahl sehr zugfest und witterungsbeständig ist. «Wir setzen die Schienen hauptsächlich für Wald- und Forstwege, Baugrubensicherungen, Stützkonstruktionen und Querabschläge ein. Querabschläge sorgen dafür, dass das Wasser auf Waldwegen abfliessen kann», erklärt Amann. Dass es sich dabei um eher ältere Schienen handelt, ist kein Problem: «Abriebspuren an der Oberfläche, die durch den Kontakt mit dem Rollmaterial entstanden sind, stören uns nicht. Wichtiger ist, dass wir gerade Schienen und keine Kurvenstücke erhalten. Solche Kurvenstücke eignen sich für unsere Projekte weniger», sagt Amann.

Sobald also feststeht, dass ein Schienenausbau stattfindet, informiert die SOB die Firma Ribbert AG über den anstehenden Bauplan. «Ribbert teilt uns meistens mit, wie viele Schienenmeter sie benötigen. Wir schneiden sie dann mit einem Brennschneider auf diese Grösse zurecht», sagt Iten. Beim ursprünglichen Einbau in das Gleis haben die Schienen meistens eine Länge von 120 Metern. Um den Transport beim Ausbau mit dem Kran oder einem Robel-Fahrzeug zu ermöglichen, müssen sie jedoch gekürzt werden. Nach dem Zurechtschneiden werden die Schienen direkt auf der Baustelle auf einen Flachwagen geladen und anschliessend zu einem Bahnhof gebracht, wo sie von einem Mitarbeitenden der Ribbert AG abgeholt werden. Die Anzahl der verkauften Schienen der SOB variiert je nach Ausbaustrecke und den geplanten Langschienenwechseln.

Nachhaltige Partnerschaft

Die Zusammenarbeit von Ribbert und der SOB ist eine Gewinnsituation für alle Beteiligten, besonders für die Umwelt. Das Weiterverkaufen der Schienen, anstatt sie zum Altmetallhändler zu bringen und das Material neu einzuschmelzen, trägt nicht nur zur Ressourcenschonung bei, sondern reduziert auch den Energieverbrauch erheblich – ganz nach dem Motto der Kreislaufwirtschaft. Ausserdem verlängert es die Lebensdauer der Schienen um viele weitere Jahre. «Die Schienen, die wir abnehmen, sind meistens zwischen 20 und 40 Jahren alt. Bei uns sind sie dann weitere 50 bis 70 Jahre im Einsatz. Sie haben also noch lange einen wertvollen Nutzen», sagt Amann. Angesichts der hohen CO2-Emissionen bei der Stahlproduktion wird durch die langfristige Nutzung der Schienen ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet: «Wir schätzen die Zusammenarbeit mit der Südostbahn sehr und sind froh, mit der Abnahme der Schienen den Stoffkreislauf schliessen zu können», betont Amann.

Text: Jil Rietmann
Bilder: SOB, Ribbert AG

* Dass es sich nicht um 222 Kilometer handelt, liegt daran, dass Kurven sowie Abstellgleise die Kilometeranzahl erhöhen.

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