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Verbesserungen in kleinen Schritten

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Durch den Eintritt der SOB in den Fernverkehr ist das Unternehmen stark gewachsen. Die Komplexität in der internen und der externen Zusammenarbeit sowie in den Abläufen hat sich signifikant erhöht. Die Südostbahn überarbeitet mithilfe einer Lean-Strategie die Prozesse. Was konkret darunter zu verstehen ist, erklärt Daniel Böniger-Derron, Senior-Projektleiter, im Interview.

Unter «Lean» ist eine umfassende Methode zu verstehen, die Unternehmensprozesse effektiver macht und diese qualitativ steigert. Konkret heisst das, Abläufe zu verbessern, Werkzeuge und Hilfsmittel einzubinden sowie «Verschwendungen» zu reduzieren.

Daniel, du bist im Geschäftsbereich (GB) Transport für die Lean-Strategie zuständig: Welches sind die aktuellen und welches die zukünftigen Herausforderungen?

Eine Herausforderung ist es, dass teilweise bestehende Abläufe. Prozesse, Strukturen und Werkzeuge nicht mehr für unsere heutige Grösse ausgelegt sind. Die Anzahl der betrieblichen Schnittstellen und das befahrene Streckennetz haben sich mit dem Betrieb des Fernverkehrs mehr als verdoppelt. In der Planung und im täglichen operativen Betrieb sprechen wir neu mit drei statt wie gewohnt einer Betriebsleitzentrale; und dies nun in zwei Landessprachen. Die Instandhaltung und der Betrieb des modernen Traverso-Zugs erfordern zudem frisches Wissen in der Organisation. Diese Prozesse sind zum Teil neu. Mitarbeitende müssen Abläufe genau dokumentieren und sich weiter fortbilden. 

Betroffen sind in unserem Geschäftsbereich u.a. die Transportleitstelle, das Lokpersonal und die Transportplanung. Beispielsweise sind wir bei einer allfälligen Verspätung jetzt mit zahlreichen externen Stellen im Austausch. Während wir in St.Gallen wissen, wie der Hase läuft, sind Zürich, Bern, Chur usw. völliiges Neuland für uns. Jeder Bahnhof und jede Stecke haben örtliche Besonderheiten, die zu berücksichtigen sind.

Wie unterstützt die Lean-Strategie dabei?

Dort, wo die Arbeit passiert, entsteht Veränderung, das bedeutet Lean. Es kommt kein Betriebsberater von aussen und versucht, Prozesse zu verändern. Das Team selbst bring Verbesserungsvorschläge ein, um Arbeitsabläufe, Arbeitshilfsmittel und den Arbeitsplatz zu verbessern. Es ist zentral, dass die Mitarbeitenden die Prozesse gestalten. So ist es etwa bei der Instandhaltung notwendig, die Arbeitsorganisation zu optimieren: zum Beispiel die für die Arbeit ergonomisch gebauten Hebemittel, Hilfsmittel, Abläufe weiterzuentwickeln und Verschwenungen in Form von Wartezeiten, Materialsuche sowie unnötiges Gehen zu vermeiden. Durch diese Massnahmen können Mitarbeitende die wertvolle Arbeitszeit besser nutzen. Dadurch wird die Instandhaltung zeitlich effizienter. Ein Beispiel für einen zu überarbeitenden administrativen Prozess betrifft die Transportleitstelle: Aktuell kommuniziert diese noch oft telefonisch. Der Informationsbedarf und die Dichte des Informationsflusses zwischen den Mitarbeitenden erfordern neue digitale Lösungen. Infos, beispielsweise Tourenänderungen, müssen zeitgenau dem Lokpersonal und den Kundenbegleiter/ -innen zur Verfügung stehen, ohne dass man zum Hörer greifen muss.

Wie geht ihr nun konkret vor?

All diese Optimierungen werden demnächst in einer Testphase gemeinsam mit den Mitarbeitenden umgesetzt. Was sich bewährt, wird nach Verbesserungsschlaufen übernommen. 

Wichtig ist: Es geschieht nichts im Grossen, sondern in lauter kleinen Schritten. Diese Verbesserungen finden nicht einmal statt, sondern immer wieder, kontinuierlich. Jeden Tag sollen die Teams hinterfragen: Was lief gestern gut, was weniger und was können wir verbessern? So werden in kleinen, einfachen Schritten die Abläufe optimiert und werden nach und nach zum Erfolg führen. Dafür ist jede einzelne Meinung der Mitarbeitenden wichtig. Dieser parizipative Ansatz und die Philosophie der kleinen Veränderungsschritte stärken die Zusammenarbeit sowie die kreative Lösungsfindung und haben so einen nachhaltigen Einfluss auf die Unternehmenskultur.

Welchen Nutzen zieht der Fahrgast aus dem Ganzen?

Für den Fahrgast heisst es, dass wir mehr Qualität liefern. Er profitiert rundum von reibungsloseren Prozessen, die für ihn selbstverständlich sein sollen. Optimierungen führen aber zu sicheren, pünktlicheren sowie saubereren Zügen und die Kundinnen und Kunden sind optimal betreut und informiert.

Fakten zu Veränderungen

Fakten zu Veränderungen20182022
Anzahl Mitarbeitende Transport 313528
Anzahl Lokpersonal150220
Anzahl Kundenbegleiter/-innen41140
Anzahl Fahrzeugkompositionen3261
Gefahrene Kilometer5.9 Mio.13.5 Mio*
Befahrenes Liniennetz440 km1006 km
Anzahl Passagiere13.4 Mio.17.0 Mio.

*(Hochrechnung)

Welche kulturfördernde Komponente gibt es beim Lean-Management?

Weil sich Mitarbeitende aktiv beteiligen, entsteht Transparenz. Eine offene Kommunikation und Diskussion innerhalb des gesamten Unternehmens führt zum gemeinsamen Ziel. So entsteht eine lernende Organisation. Wobei es wichtig ist zu betonen, dass eine Kulturveränderung nicht rasch vonstattengeht. Sie dauert bis zu sieben Jahren. Dafür braucht es Durchhaltevermögen und das Vertrauen des Managements, um den Prozess vollständig umzusetzten. Vom SOB-Management erhalten wir diese Zeit und das Vertrauen.

Text: Nicole Baró-Wolf
Bilder: SOB

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