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Über Schotter, Schiene und Gleis: Die Arbeiten der Gleisbauerinnen und Gleisbauer

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Konstantinos Nitsa arbeitet gerne mit seinen Händen und hat kein Problem damit, bei jedem Wetter draussen zu sein. Für Ausbildner Ken Lehmann von der Südostbahn ist der künftige Gleisbauer deshalb genau am richtigen Ort.

Die Mehrheit der Zugpassagiere kennt Gleisbauerinnen und Gleisbauer höchstens vom flüchtigen Blick aus dem Wagenfenster: Meistens stehen sie dann am Bahndamm und warten, bis der Zug vorbeigefahren ist. Die Männer und Frauen in der leuchtorangen Arbeitskleidung machen Bahnreisen überhaupt erst möglich: Sie sorgen dafür, dass die Gleise sich in gutem Zustand befinden, tauschen Schienen aus, halten Böschungen vom wuchernden Grün frei, räumen Schnee weg, schmieren Weichen oder schleifen Unebenheiten von den Schienen. Gearbeitet wird fast ausschliesslich im Freien und oft auch in der Nacht, wenn keine Passagierzüge unterwegs sind. «Wer Gleisbauer werden will, muss wetterfest sein, Freude an der Teamarbeit haben und anpacken können», sagt Ken Lehmann. Der 24-Jährige ist am Standort Samstagern der Schweizerischen Südostbahn AG (SOB) Vorarbeiter und Ausbildner. Das dortige Team kümmert sich um rund 60 Kilometer Bahnstrecke im südlichen Teil des SOB-Netzes zwischen Zürichsee und Arth-Goldau. Neben den Gleisen zählen dazu auch Dutzende Brücken und einige kurze Tunnels.

Ein Job mit Nachtarbeit

Aktuell betreut Ken Lehmann zwei Lernende, darunter Konstantinos Nitsa – kurz Kostas genannt. Für ihn ist Gleisbauer der perfekte Job: «Ich wollte immer draussen arbeiten und am liebsten im Team.» Kostas Nitsa kam erst mit 14 Jahren aus Athen in die Schweiz, spricht heute aber gut Schweizerdeutsch. Auf den Gleisbau stiess er durch Zufall. Während seine Mitschülerinnen und Mitschüler in der zweiten Sekundarschule schon eine Lehrstelle suchten, musste er zuerst Deutsch büffeln und hängte deshalb ein zehntes Schuljahr an. «Während dieser Zeit hatte ich die Chance, bei der Südostbahn im Gleisbau zu schnuppern – das gefiel mir sofort», erzählt er. Auch für Ausbildner Ken Lehmann war die Sache klar: «Kostas sprach damals zwar nur wenig Deutsch, aber sonst brachte er alles mit, was es braucht.» Nach erfolgreichem Abschluss der zweijährigen EBA-Lehre als Gleisbaupraktiker hängte Kostas Nitsa gleich noch die Lehre als Gleisbauer an, die dank seiner Erstausbildung auf zwei Jahre verkürzt werden konnte.

Heute bereiten Nitsa und Lehmann zusammen mit weiteren Mitarbeitenden gerade mehrere Gleisbaustellen vor: Schrauben werden gelöst, geschmiert und wieder angezogen, Schotter wird zur Seite geräumt, damit sich die auszuwechselnden Gleise später mit der Trennscheibe in etwas handlichere Stücke zerschneiden lassen. «Wenn wir dann ab Sonntagabend in Nachtschichten die Gleise tauschen, darf keine Schraube klemmen  – darum muss alles genau vorbereitet sein», erklärt  Lehmann. Ebenso wichtig ist die Sicherheit bei der Arbeit auf den Gleisen, wo die Züge oft im kurzen Takt aufeinanderfolgen: «Man muss immer zu hundert Prozent da sein und alle Anweisungen beachten, denn der kleinste Fehler kann schlimme Folgen haben», sagt Nitsa. Angst hat er keine, Respekt hingegen schon.

Körperliche Fitness – ein Muss

Auf den nächtlichen Gleistausch freut er sich bereits: Dann darf er mit der Schienentrennschleifmaschine  – seinem Lieblingswerkzeug – die Gleise zerschneiden. Dass er nachts arbeiten muss, stört ihn nicht – im Gegenteil: «Wenn es dunkel ist, die Gleise gesperrt sind, die Scheinwerfer leuchten und wir richtig loslegen können, finde ich es viel cooler.» Rund 60 Prozent der Zeit arbeitet er aber tagsüber, was oft strenger ist: «Wenn wir alle zehn Minuten die schweren Maschinen vom Gleis heben müssen, weil ein Zug kommt, hängt das ziemlich an», sagt Nitsa. Eine Einschätzung, die Ken Lehmann nur bestätigen kann. Trotzdem solle man sich als künftiger Lernender nicht von den körperlichen Herausforderungen abschrecken lassen, meint der Ausbildner: «Wir achten schon während der Schnupperlehre darauf, dass niemand ausschliesslich anstrengende Arbeiten erledigen muss – aber ohne Freude an solchen Arbeiten geht es natürlich nicht.»

Gerne würde er mehr junge Frauen für die Lehre als Gleisbauerin motivieren, leider sei die Zahl der Interessentinnen aber nach wie vor klein. Dabei geniessen die Lernenden bei den Bahnbetrieben einige Vorteile: So erhalten sie etwa kostenlos ein Generalabonnement und die komplette Arbeitskleidung für alle Jahreszeiten. Vom Lehrbetrieb bezahlt werden auch Unterkunft und Verpflegung während der jeweils dreiwöchigen Blockkurse  an der Verkehrsfachschule im luzernischen Sursee. Vorteile, die auch Kostas Nitsa schätzt, ebenso wie seine Ausbildung generell: «Ich kann allen, die gerne draussen und mit ihren Händen arbeiten, die Lehre nur empfehlen, denn der Job ist spannend und sehr abwechslungsreich.» Er selbst wird nach der Lehre bei der SOB in Samstagern bleiben, könnte sich aber gut vorstellen, später eine zusätzliche Ausbildung zu machen. Gleisbauerinnen und Gleisbauern stehen nämlich verschiedene Richtungen offen, etwa die Weiterbildung zum Polier oder Berufsbildner, aber auch die Möglichkeit, Lokomotivführer zu werden. Was ihn am meisten reizen würde, weiss Nitsa noch nicht. Derzeit liegt für ihn der Fokus ganz auf der Lehrabschlussprüfung im Mai: «Danach möchte ich erst einmal ein paar Jahre hier weiterarbeiten und Erfahrungen sammeln.»

Text: Reto Westermann
Bilder: SOB/Daniel Ammann

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