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Bei SOB-Bahnübergängen heisst es: «Warte, luege, lose, laufe»

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Was im Kindergarten gelernt wurde, ist bis ins Erwachsenenalter im Kopf verankert. «Warte, luege, lose, laufe.» Dieser Leitsatz gilt nicht nur im Strassenverkehr. Auch entlang von Schienen und am Bahnhof ist Vorsicht geboten.

«Nächster Halt: Rothenthurm.» Die Schwyzer Gemeinde liegt an der Linie des Voralpen-Express in mooriger Umgebung. Barbara Ackermann und Patrick Täschler, beide Fachspezialisten Betrieb Ausbildung, besuchen Kindergartenkinder sowie Schülerinnen und Schüler in der Primarschule Rothenthurm. Sie führen in unterschiedlichen Schulen Sicherheitskampagnen zum Thema «Kinder am SOB-Gleis» durch. «Habt ihr die Ohren gespitzt?», fragt Barbara Ackermann die Kindergartenklasse. «Hört genau hin und sagt mir, welches Geräusch ihr hört.» Den Hahn, das Pferd, den Düsenjet und das Auto erkennen die Kinder mühelos. Beim letzten Geräusch, dem Zug, müssen sie genauer hinhören. Züge von Weitem zu hören, sei schwierig. Deswegen sei in Gleisnähe und am Bahnhof immer besondere Vorsicht geboten, betont Barba.

Schulen entlang der SOB-Strecke

Im Jahr 2018 führten SOB-Mitarbeitende erstmals Sensibilisierungskampagnen in Primarschulen zum Thema Sicherheit am Bahnübergang und am Bahnhof durch. Damals evaluierte das Team der Betriebsführung Schulen entlang der SOB-Strecke. Die SOB-Mitarbeitenden beurteilten die Schulen anhand verschiedener Kriterien wie «Schule in Bahnnähe», «Schulweg in Bahnnähe», «Schulweg via Unterführung», «Schulweg via Passerelle», «Schulweg mit Bahn». Anschliessend priorisierten die Fachpersonen die verschiedenen Primarschulen. Je mehr dieser Kriterien auf die Schule zutreffen, desto höher ist das Gefahrenpotenzial für Kinder. Barbara Ackermann und Patrick Täschler schreiben die ausgewählten Schulen an.

Bahnübergänge sicher überqueren

Im Unterricht behandeln Barbara Ackermann und Patrick Täschler drei verschiedene Themenfelder. Eines davon ist das richtige Verhalten an Bahnübergängen. «Wenn es blinkt, ‹tüt tüt› macht und die Barriere runtergeht, muss man warten», sagt ein Junge aus der Kindergartenklasse. Patrick bejaht und weist darauf hin, dass die Farbe Rot auf Gefahren aufmerksam mache. Ist die Barriere geschlossen, dauert es zirka eine Minute, bis der Zug den Bahnübergang passiert. «Nun müssen wir also warten», betont der Spezialist. Beim Warten ist es wichtig, dass Fussgängerinnen und Fussgänger einige Schritte Abstand zur Barriere halten. Beim Durchfahren der Züge entstehen starke Fahrtwinde. Zudem sollte das Gesicht immer in Richtung des herannahenden Zugs blicken, damit das Lokpersonal erkennt, dass der Zug gesehen wird. Jetzt hebt sich die Barriere wieder. Sobald das Licht nicht mehr blinkt, dürfen Fussgängerinnen und Fussgänger den Bahnübergang überqueren. «Was macht ihr, wenn das Blinklicht ausgegangen ist?», fragt Patrick. Die Kinder antworten: «Luege, lose, laufe.»

Der Bahnhof ist kein Spielplatz

Nachdem die Kinder das Überqueren des Bahnübergangs geübt haben, behandelt Barbara Ackermann einen weiteren Ort, wo besondere Vorsicht gilt: den Bahnhof. Am Bahnhof ist es laut Barbara ratsam, aufs Spielen und Rennen zu verzichten. Es gelte etwa ein Kickboard- und Velofahrverbot. Die Kinder hätten hinter den weissen Linien, den taktil-visuellen Sicherheitslinien, zu warten. Das gelte natürlich auch für Erwachsene.

Der «springende» Strom

«Am Bahnhof und überall entlang der Gleise seht ihr die kupferfarbenen Drähte. Wisst ihr, wozu sie dienen?», fragt Patrick Täschler. «Sie geben dem Zug Energie», beantwortet ein Mädchen. Patrick bejaht und sagt, dass die Fahrleitungen aus Kupfer bestünden. Bahnstrom sei aber beispielsweise viel stärker als normaler Haushaltsstrom und sehr gefährlich. Strom sucht sich immer den Weg zum Boden. Findet er ihn nicht, nutzt er Hilfsmittel wie den menschlichen Körper. Bei der Suche nach «Hilfe» kann der Strom bis zu zwei Meter weit «springen». «Deshalb ist es wichtig, dass ihr nie auf Züge klettert oder Gegenstände in Richtung Fahrleitung haltet», ermahnt Patrick Täschler. Er hat den Kindern einen Teil einer Fahrleitung mitgebracht, damit sie diese einmal anfassen können. Die Blicke der Schülerinnen und Schüler sind skeptisch und nur zögerlich packen sie zu. «Der Vortrag scheint sein Ziel erreicht zu haben», bemerkt Patrick in Richtung Lehrerin blickend.

Inhalte nachhaltig vermitteln

Ob am Bahnübergang, am Bahnhof oder in der Nähe von Fahrleitungen: Entlang der Gleise gilt die gleiche Vorsicht wie im Strassenverkehr. Auch künftig bieten Barbara Ackermann und Patrick Täschler den Kurs «Kinder am SOB-Gleis» für Primarschulen an. «Hoffentlich hallt das Gelernte bis ins Erwachsenenalter nach», wünschen sich die beiden Bahnprofis.

Text: Jeannine Fisch
Fotos: Jeannine Fisch und Verband öffentlicher Verkehr VöV

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