Das SOB-Streckennetz führt durch die unterschiedlichsten Landschaften. Neben den Gleisen leben zahlreiche Kleintiere wie Eidechsen, Molche, Salamander, Frösche und Igel. Im Frühling 2021 erreichte die Südostbahn eine Kundenrückmeldung aus dem Raum St. Gallen. Dabei schilderte die Kundin, dass sich neben den Gleisen gefährliche Wasserschächte befänden, wo Kleintiere hineinstürzen könnten. Da diese Schächte bis zu 25 Zentimeter hoch seien, kämen die Tiere nicht mehr aus eigener Kraft hinaus. Diese Anfrage wurde via Kundendienst an unser Unterhaltsteam weitergeleitet. Sie bauten daraufhin Kleintiertreppen und installierten sie in den Schächten. «Wir versuchen, die Biodiversität bei unseren Arbeiten immer zu beachten und wenn möglich auch zu fördern. Darum nehmen wir solche Kundenrückmeldungen sehr ernst», sagt Daniel Schuler, Aufseher Ingenieurbau. SOB-Mitarbeitende flachen etwa Böschungen an Bachdurchlässen ab, damit die Tiere trinken können, machen Stein- oder Totholzhaufen als Rückzugsorte entlang der Bahnstrecke, beachten die Laichzeiten von Fischen oder schneiden Hecken erst nach der Brutzeit der Vögel.
Wie die Biodiversität aufgewertet werden kann, zeigt sich am Beispiel in Biberbrugg. Beim Baumschnitt der SOB-Fläche im Februar und März wurden Schnittguthaufen eingerichtet, die mit ihren Ästen zahlreichen Kleintieren, Insekten und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten. Liegen die Haufen über längere Zeit, schaffen sie langfristig geschützte Nischen, die nicht nur als Verstecke und Nistmöglichkeiten dienen, sondern auch den natürlichen Zersetzungsprozess fördern. Dadurch werden wichtige Nährstoffe freigesetzt. Diese bereichern den Boden und verbessern dessen Qualität. Zudem locken diese Materialien Bodenlebewesen an, die wiederum als Nahrungsquelle für andere Tiere dienen. An derselben Stelle hat ein Forstunternehmen einen stufigen Waldrand entlang der Bahnlinie angelegt, um die Strukturvielfalt zu erhöhen und einheimische Flora zu fördern. Diese Massnahme verbessert nicht nur die biologische Vielfalt, sondern unterstützt auch die natürliche Dynamik des Waldes, was für den Schutz des Lebensraums des Eisvogels entlang des Flusses Biber entscheidend ist. Wo immer möglich, plant die Südostbahn Massnahmen zur Förderung der Biodiversitätsflächen. So auch am SOB-Bahnhof Steinebrunn, wo das Areal durch Ruderalflächen, eine extensive Blumenwiese, eine Natursteinmauer, Hecken sowie Stein- und Asthaufen aufgewertet wurde.
Mauersegler, Mehlschwalben, Gartenrotschwanz oder Zaunkönig: Diese und weitere Vogelarten finden in den Nistkästen der SOB ein neues Zuhause. Die vom Umweltbüro ARNAL durchgeführte Studie erkannte das Potenzial zur Vogelförderung an Bahnhöfen. So installierten SOB-Mitarbeitende im Jahr 2024 an sechs verschiedenen SOB-Bahnhöfen Nistkästen für gefährdete Zugvogelarten und Halbhöhlenbrüter. Die Naturschutzorganisation BirdLife unterstützte die Immobilienabteilung sowie den Praktikanten im Bereich Umwelt bei der genauen Platzierung der Nistkästen. Die Nester müssten beispielsweise vor Sonne und Regen geschützt sein und eine freie Anflugschneise bieten. «In diesem Projekt war es uns wichtig, von Anfang bis Ende SOB-Mitarbeitende miteinzubeziehen. So wurden die Nistkästen in der SOB- eigenen Schreinerei hergestellt. Die regelmässige Wartung findet durch das Team Instandhaltung Immobilien statt. So schliesst sich der Kreislauf», sagt Lorenzo Storto, ehemaliger SOB-Praktikant Umwelt. Die Nistkästen an den Bahnhöfen sind nicht die ersten im Einsatz der Südostbahn. Bereits bei Brückensanierungen wie der Thurbrücke in Wattwil oder dem Sitterviadukt in St. Gallen wurden Nistkästen für unterschiedliche Vogelarten, wie etwa die Wasseramsel, installiert.
Weiteres zum Thema unter: direkt.sob.ch/umwelt
Neben kleinen leben auch diverse grössere Tierarten wie Wildschweine, Rehe und Hirsche entlang der Gleise. Dass eine Eisenbahnlinie ein Risiko für diese Tiere darstellt und deren Lebensräume zerschneidet, ist unbestritten. So sterben jährlich mehrere Tiere aufgrund von Kollisionen mit Zügen. Die Südostbahn testete – zusammen mit anderen Projektpartnerinnen und -partnern – eine akustische Wildtierwarnanlage. Bei bestimmten Streckenabschnitten der SBB, die das Projekt leitet, wurden Lautsprecherboxen installiert, die Tiere in Gleisnähe vor einer Zugdurchfahrt warnen. So sollen sich Rehe, Wildschweine und Co. aus dem Gefahrenbereich entfernen. Ob diese akustischen Wildtierwarnanlagen in Zukunft bei Bahnen standardmässig zum Einsatz kommen, wird sich zeigen.
Die Südostbahn bewirtschaftet verschiedene Grünflächen entlang der Gleise auf eine nachhaltige und schonende Weise. Ziel ist es, Magerwiesen entlang des SOB-Netzes zu fördern. Magerwiesen sind nährstoffarm, wodurch imv Idealfall bis zu 80 unterschiedliche Pflanzenarten pro Quadratmeter wachsen. Grund dafür ist, dass die Pflanzen auf trockenem Boden ständig damit beschäftigt sind, zu überleben. Daher herrscht wenig Konkurrenz unter den verschiedenen Pflanzen, sodass unterschiedliche Arten nebeneinander gedeihen können. Solche Flächen sind aufgrund der dünnen Humusschicht häufig in Bergregionen zu finden. Um solche Wiesen auch entlang der SOB-Gleise zu fördern, testet das Team Bau und Instandhaltung ein neues Schnittverfahren im Bereich des Unterhalts. Dazu mähen die SOB-Mitarbeitenden Grünflächen mit einem Balkenmäher, lassen das Schnittgut zwei Tage antrocknen und entfernen es dann von der Fläche. Das Entfernen des Schnittgutes entzieht dem Boden Nährstoffe und begünstigt somit das Entstehen einer Magerwiese. Das aus dem Mähen entstandene Schnittgut schichten die Mitarbeitenden vor Ort in Holzdepots auf, was weiteren Arten einen Lebensraum bietet.
Text: Jeannine Lieberherr
Fotos: Hanspeter Schenk, Thomas Lutz, WLS.CH, SOB
Dieser Beitrag stammt aus der Herbstausgabe unseres Magazins «Schriftzug». Lust auf weitere Artikel? Jetzt den Schriftzug kostenlos abonnieren und die neuste Ausgabe direkt per Post zugeschickt bekommen.